Erziehung

Ich hatte den ersten Blogpost nach sehr langer Zeit schon praktisch fertig, aber heute morgen, auf dem Weg zum Einkaufen, dachte ich, nein, einfach eine Erklärung geben, warum ich gerade weniger schreibe und so ein bisschen vor mich hin klönen, das braucht niemand und erst recht nicht von mir.

Ja, ich finde Erziehung gerade SEHR herausfordernd. Und man findet auch – im Gegensatz zu den Müttern, die ganze Blogs mit den Geschichten ihrer kleinen Kindern füllen, ganz wenige Mütter oder Väter, die ehrlich darüber schreiben, was so im Alltag mit ihren Teenies abgeht. Was ich verstehe, denn, erstens, geht es immerhin um Teenager, die auch des Lesens im Internet mächtig sind, über ihre Geschichten, auf die sie selbst das grösste Recht haben, und um ihre Privatsphäre, die es wirklich einzuhalten gilt. Zweitens, wem macht es schon Spass zu schreiben, dass einem die Geduld nun endgültig ausgegangen ist, die Streitereien sich nicht mehr so schnell lösen, wie mit Vier-, Sechs- oder Zehnjährige und man schlaflose Nächte hat, weil man unter dem ganzen Stress mit den Teenies leidet – oder vielleicht liegt es doch an den Wechseljahren?!! Eben.

Aber heute brachte mich diese kleine Geschichte zum Schmunzeln:

Auf dem Küchenboden zwischen Hocker und Tür lag eine zusammengeknüllte Badehose und ein Badetuch. Ja, richtig gelesen: Küchenboden. Genau dort, wo diese Sachen nicht hingehören. Sie lagen nicht ein oder zwei Tage dort, nein, ganze fünf Tage, die mir wie fünf Wochen vorkamen,  aus dem einfachen Grund, dass sie dort nicht hingehörten und ich sie nicht wegräumen wollte, weil ich sie nicht dorthin geknallt hatte!

Da meine Kinder in letzter Zeit sehr genervt auf meine Aufforderungen ihre Sachen auf- und wegzuräumen reagieren, erlaubte ich der Badehose und dem Handtuch ein paar Tage dort liegen zu bleiben und wusste nur, dass ICH sie nicht wegräumen würde. Nur, wie bringe ich es möglichst gut an den Mann? Ganz konkret an den fast Dreizehnjährigen, der schon grösser ist als ich. Nach dem Frühstück erwähnte ich fast beiläufig, dass heute Waschtag sei und ich die Badehose und das Handtuch auch waschen könnte.

Sven: Nein, nur das Handtuch.

Ich: Dann nimmst du die Badehose mit in dein Zimmer? Oder du kannst sie auch liegen lassen. Wir müssten darüber reden. Von mir aus darf die Badehose hier liegen bleiben. Ich schlage Folgendes vor: Solange die Badehose auf dem Küchenboden liegt, ist es deine Verantwortung den Küchenboden zu putzen. Was meinst du dazu? Also ich bin dafür dass die Badehose hier bleibt!

Sven (mit einem erstaunten Grinsen auf dem Gesicht): Nein, nein, ich nehme sie jetzt gleich mit. (Was er auch unverzüglich tat.)

Wenn Erziehung und das Zusammenleben mit meinen Teenagern so klappt wie heute morgen, dann bin ich einfach nur froh und dankbar. Die anderen Momente, wo es nicht so gut klappt, gibt es eh immer wieder.

(Übrigens zeigt dieser kleine Dialog sehr deutlich, wer in unserer Familie im Moment am meisten Wörter gebraucht. Teenager können ganz schön einsilbig sein.)

(Ich gebrauche das Wort „Erziehung“ hier sehr grosszügig und mit einem Augenzwinkern. Ich empfinde nicht, dass ich meine Teenager jetzt noch erziehe. Erziehung im eigentlichen Sinn ist bei meinen Kindern abgeschlossen, immerhin wird meine Älteste diese Woche 18! Aber ich begleite sie und erhalte unsere Beziehung aufrecht und am Leben, was ich sehr wertvoll und bereichernd und manchmal auch sehr herausfordernd empfinde. In den guten Phasen bin ich von meinen Kindern begeistert, in den schwierigen versuchen wir uns einfach nur auszuhalten. Das muss dann reichen.)

6 Gedanken zu „Erziehung

  1. You are doing a wonderful job of raising your teens. You love them, and they love you! All will be well at the end of these difficult years, for them and for you. Mom

  2. Eine wunderschöne Geschichte! Ich bewundere Dich, dass Du es ausgehalten hast, das Handtuch und die Badehose liegen zu lassen. Bis das den Kindern endlich mal auffällt, vergehen vermutlich viele Tage, an denen Du Dich x-mal darüber ärgern musst. Ich kann das nicht. Ich muss darauf vertrauen, dass meine Jungs irgendwann selber lernen aufzuräumen. Ich halte Unordnung psychisch nicht aus. Als sie noch klein waren, habe ich jeden Abend in Sisyphos Manier den Wohnzimmerboden vom Lego befreit und dann den Zustand des „Aufgeräumt-Seins“ genossen. Meine grösste Aufgabe als Mutter ist im Moment mantramässig zu wiederholen: „Jetzt ist genug mit youtube/minecraft/musicaly (die Liste bitte selber ergänzen). Handy abstellen, weglegen, rausgehen.“ Ich freue mich schon auf Deine nächste Geschichte! Regina

    • Ich wünsche mir auch, dass ich öfter so reagieren könnte. Ich kann das auch nicht immer, aber es wird mir immer bewusster, dass ich anders reagieren sollte oder auch könnte (je nach Tageszeit und Verfassung…). Und manchmal tut es gut zu hören, wie es in anderen Familien läuft – danke für den spontanen Rückruf, Regina!

  3. Genial, wie du dies gelöst hast. Klar ist auch, dass dein Jüngster nicht damit gerechnet hat. Er dachte sicher, dass die üblichen Ermahnung kommen würde. Und grosses Lob und Respekt, dass du es aushieltest, die Badesachen auf dem Küchenboden liegen zu lassen. Wenn man da nicht geübt ist im Loslassen, was wahrlich nicht einfach ist, ist so viel Ärger vorhanden, sodass er eh bereits gewonnen hat. Ich wünsche mir, dass wir noch oft in Situationen (egal wie „banal“ diese sind) so kreative Lösungen finden wie diese.

    • Ich wünsche ich hätte immer so kreative Lösungen auf Lager…aber danke, Silvia, für deine ermutigende Worte! Das Loslassen ist so eine Sache und braucht viel Übung. Ich bleibe dran.

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