Monatsblatt August 2020 für die Taubblinden-Hilfe
Mein Ort der Geborgenheit
Heute erzähle ich eine kleine Familiengeschichte, die mich immer noch zum Schmunzeln bringt:
Mitten an einem Freitagmorgen hörte ich jemanden an der Haustür. Ich erwartete niemanden und war überrascht, meine damals sechsjährige Tochter Kristina, zu sehen. Sie hätte doch im Kindergarten sein sollen. Die Kindergärtnerin hatte sie vor die Tür geschickt, weil sie sich lautstark über etwas beschwert hatte. Vor der Tür überlegte Kristina nicht lange, zog ihre Stiefel und Jacke an, packte ihre Tasche und rannte nach Hause. Dort wollte sie sich mit ihrer Kuscheldecke in ihrem Bett verstecken. Ich entdeckte sie kurz bevor sie im Bett ankam.
Ein schneller Rückzug an den Ort, wo ich mich geborgen weiss, ist eine natürliche Art mit den Widerwärtigkeiten des Lebens umzugehen.
Kristina musste noch lernen, sich den schwierigen Situationen zu stellen, eine Strafe abzusitzen und sich wieder mit der Lehrerin zu vertragen. Und doch hat ihre Reaktion zu mir gesprochen.
Wie reagiere ich, wenn die Dinge nicht so laufen, wie ich es mir wünsche? Wir alle müssen uns gewissen Situationen stellen, mit manchen Menschen klarkommen und Dinge mal stehen lassen können. Aber Kristinas Reaktion war auch nicht so schlecht: An einem sicheren Ort kann ich meinen Frust ausheulen, die Geschichte aus meiner Perspektive erzählen, muss mich nicht verteidigen; ich kann so sein und mich so zeigen, wie ich mich fühle.
Gott bietet mir so einen Geborgenheits-Ort an. Er sagt: Ich bin wie eine Burg. Zu mir kannst du laufen, bei mir kannst du dich verstecken. In den Psalmen steht:
Denn du beschützt mich, wie eine Burg, eine Zuflucht,
wenn ich in Not bin.
Psalm 59,17