Vom Luxus ohne Sorgen zu leben

Das E-Mail von meinem Ex-Mann war kurz gefasst und die Botschaft schon nach dem „Betreff: Zahlungsunfähig“ klar:

„Da mein Arbeitgeber leider zur Zeit Zahlungsunfähig ist, werden die Löhne nicht ausgezahlt. … Das tut mir sehr leid.“

Ja super! Zu den Sorgen um Svens Rücken wollten sich gleich noch die Sorgen ums Geld gesellen.

Theoretisch weiss ich ja, dass meine Sorgen nicht helfen. Meine Sorgen ändern rein gar nichts an der Situation, weder zum Guten noch zum Schlechten. Wobei das so nicht ganz stimmt: Mir geht es immer schlechter, wenn ich mir Sorgen mache. Aber das mit dem Sorgen geschieht immer ganz von allein. Ich habe mir selber noch nie sagen müssen: So, jetzt mach dir mal darüber Sorgen. Nee, nee, die Sorgen, die kommen ohne Einladung.

Und deshalb, weil ich schon der Sorgen über Svens Rücken müde war, hab ich mir gesagt: Moment mal, hab ich denn nicht einen guten Hirten? (Zur Erinnerung: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Aus der Bibel, Psalm 23 um genau zu sein). Er hat versprochen, dass er sorgt. Bis jetzt hat er gut gesorgt. Wird er jetzt damit aufhören? Lebe ich meinen Glauben oder ist das alles nur frommes Gefasel?

Ich übte mich also im Vertrauen. Immer wenn die Gedanken wieder kreisen wollten, dachte ich daran, wie gut mich Gott in den letzten Jahren versorgt hat. Wir haben immer alles was wir brauchen, nicht immer alles was wir uns wünschen, aber das ist eine andere Geschichte. Wir leben nicht einmal von der Hand in den Mund, sondern schaffen es jeden Monat etwas auf die Seite zu legen. Genau für Zeiten wie jetzt. Wenn das nicht Luxus ist!

Nach besagter E-Mail zahlte ich wie gewohnt meine Rechnungen und sah erst eine Woche später wieder den Kontostand, da ich eine Rechnung vergessen hatte. Komisch, der Kontostand war so hoch, als hätte ich die Alimentenzahlung doch bekommen. Beim näheren hinsehen, stellte ich fest, dass die Alimente tatsächlich bezahlt worden waren. Wow! Damit hatte ich nicht gerechnet und die Sorgen hätten sich definitiv nicht gelohnt. Ohne Sorgen lebe ich im Luxus!

Traurigkeit

Kürzlich fragte mich eine Freundin, wie ich mit dem Alleinsein zurechtkomme. Nun, mal besser, mal schlechter. Vor einigen Wochen sah das dann konkret so aus:

Seit der Trennung vor sieben Jahren und der Scheidung vor zweieinhalb Jahren hat sich Vieles eingependelt und ich habe mich an meine Situation gewöhnt – dachte ich. An meinen kinderfreien Wochenenden wache ich nicht mehr traurig auf, weil die Kinderstimmen fehlen und keiner zu mir ins Bett schlüpft, um zu Kuscheln, bevor wir aufstehen. Ich weine auch nicht mehr auf dem Weg in den Gottesdienst, weil ich alleine unterwegs bin und meine Kinder nicht im Auto mit mir sitzen. Ich esse sogar meistens richtig – ich koche gern etwas für mich, mit Zutaten, die meine Kinder nicht gern haben. Aber an diesem Sonntag war alles anders. Und es hat mich völlig unvorbereitet getroffen.

Ich kam in den Gottesdienst, der nur so von Familien mit ihren Kindern wimmelte. Ich suchte verzweifelt die Leute neben denen ich sonst sitze, jemanden, der nicht gerade mit der ganzen Sippe unterwegs war – und fand niemanden. Ich sass schliesslich neben Leuten, die mir nicht fremd sind, aber die ich auch nicht richtig kenne, aber da war es schon zu spät. Die Traurigkeit so ganz alleine an diesem Sonntag unterwegs zu sein, hatte schon überhand genommen und mich fest im Griff. Es hat mir fast das Herz zerrissen. Ich begrüsste die Menschen, die mir die Hand gaben, stumm, weil ich Angst hatte mit dem ersten Wort in Tränen auszubrechen. Ich überlegte, ob ich nicht einfach wieder nach Hause fahren sollte, aber der Gottesdienst hatte schon angefangen und ich blieb. Die Lieder blieben mir im Hals stecken und erst während der Predigt beruhigte und entspannte ich mich wieder – dachte ich. Beim Rausgehen begegnete mir eine Freundin und fragte, so wie man fragt, wie es mir geht. Ich bekam wieder kein Wort raus und versuchte die Tränen weg zu blinzeln. Sie nahm mich in den Arm und ich heulte los.

Ich wurde im Verlauf vom Tag von weiteren schönen Begegnungen überrascht, aber die Traurigkeit blieb lange haften. Ich ernährte mich von Chips und zwei Scheiben trockenem Brot. Ich würde gerne schreiben, dass ich aktiv wurde und die Traurigkeit vertrieb, aber das tat ich nicht. Ich ging am nächsten Tag meiner Arbeit nach und nachdem ich eine Stunde lang im Garten gejätet und aufgeräumt hatte, spürte ich wieder ein Lied in meinem (aufgeräumten) Herzen. Manchmal genügt es die Traurigkeit zuzulassen und einfach auszuhalten.

„Alles, was auf der Erde geschieht, hat seine von Gott bestimmte Zeit: … weinen und lachen,  … sich umarmen und sich aus der Umarmung lösen, … schweigen und reden.“ Aus der Bibel (Prediger 3,1-8)

In God We Trust

Es ist Ferienzeit und weil die Kinder ständig um mich herum sind, komme ich kaum zum Denken und noch viel weniger zum Schreiben. Deshalb beglücke ich euch mit einem Text, den ich vor langer, langer Zeit geschrieben habe. 2005 um genau zu sein:

Zuerst konnte die Grosse nicht einschlafen, dann hat die Kleine ihre Schmusedecke im Bett verloren, dann hat die Grosse schlecht geträumt, dann klingelte das Telefon…und natürlich war mein Mann an einem geschäftlichen Anlass, also war ich jedes Mal gefragt. Von dem Krimi, den ich schauen wollte, sah ich die ersten zwei Minuten, ein paar losgelöste Szenen in der Mitte und dann die ganzen zwei letzten Minuten. Den Abend, ja schon den Nachmittag, hatte ich mir anders vorgestellt. Die Kinder, d.h. meine Zwei, sowie ein oder zwei Nachbarskinder, spielten vergnügt im Wohnzimmer. Wie sich rausstellte, zu vergnügt: Sie hatten den Reisverschluss vom Sitzsack entdeckt und verwandelten – Styroporkügelchen sei Dank – unser ganz gewöhnliches Wohnzimmer in eine Winterlandschaft. Im sechsten Monat mit unserem dritten Kind schwanger, gehörte Staubsaugen nicht mehr zu meinen Lieblingsbeschäftigungen und der Ärger war gross, die Stimme laut, die Kinder, wie auch ich, ganz und gar nicht mehr vergnügt.

Ich fühlte mich müde und leer. Hatte auch keine Lust mich noch mit geistlichen Dingen zu beschäftigen. Der Weg hin zu Gott schien mir sehr, sehr weit. Da überrascht mich Gott und kommt zu mir. Die letzte Szene im Krimi: Zoom auf eine Dollarnote mit den Worten (rot angestrichen): In God We Trust. Wir vertrauen Gott. Wir setzen unser Vertrauen auf Gott. Und mit diesem Bild, mit diesen Worten, kommt Friede in meine zerzauste Seele. Ich vertraue Gott. Ich baue meine innere Zufriedenheit nicht auf ruhige Nachmittage und ungestörte Abende, nicht auf Kinder ohne Flausen im Kopf, nicht auf das, was um mich herum geschieht, oder auch nicht geschieht, sondern auf Gott. Und Gott lässt sich so schnell nicht erschüttern. Seine Wahrheit, sein Friede ist nicht von dieser Welt. Er übersteigt meinen Verstand, meine Gefühle und die Ruhe, die er gibt, ist unabhängig von dem, was mich umgibt.

Ich muss schmunzeln. Gott weiss genau wie müde und abgekämpft ich bin. Ich bin ihm so wertvoll, dass er auch durch die letzten zwei Minuten eines Krimis zu mir redet.