Zum internationalen Tag der Taubblindheit

Monatsblatt Juli 2020 für die Taubblinden-Hilfe

Zum internationalen Tag der Taubblindheit

Am 27. Juni war der Internationale Tag der Taubblindheit. Die geplanten Veranstaltungen, um die Gesellschaft auf die Behinderung Taubblindheit aufmerksam zu machen, mussten leider wegen den Corona-Schutzmassnahmen abgesagt werden.

Nachdem Joachim und ich in den letzten Wochen einige taubblinde Menschen besucht haben, möchte ich gerne meine Eindrücke weitergeben.

Ich habe eine tiefe Achtung vor Menschen mit Taubblindheit, die jeden Tag den Mut aufbringen, aufzustehen. Ich bewundere euren Lebensmut – auch wenn dieser manchmal arg angegriffen wird und euch fast abhandenkommt. Das ist sehr verständlich.

Ich staune über eure Geduld mit Aufgaben, die für die meisten Menschen selbstverständlich sind: Tee oder Kaffee machen, Kuchen backen, kochen, spazieren gehen, in das richtige Tram einsteigen, bügeln, nähen und stricken. Es ist erstaunlich, dass ihr euch trotz schwierigen Erlebnissen und Rückschlägen immer wieder hinaus in die Welt wagt. Und euer Gedächtnis ist jung und fit.

Ihr seid interessiert und wissbegierig. Manchmal seid ihr stur – und diese Sturheit ist durchaus auch positiv. Ihr habt Humor und liebt es zu lachen. Und wenn etwas gut riecht, wie das frisch geschnittene Heu, dann atmet ihr tief ein. Ihr könnt gar nicht anders als im Moment zu leben – etwas, was Sehende und Hörende immer wieder lernen müssen.

Ich danke euch für eure Geduld mit uns sehenden und hörenden Menschen, weil wir oft vergessen, wie wichtig die Selbstbestimmung für euch ist und wir manchmal auch vergessen, euch an unserem Leben teilhaben zu lassen.

Die Bibel drückt schön aus, was ich empfinde:

Jedes Mal, wenn ich an euch denke, danke ich meinem Gott. Ich bete immer für euch und tue es mit frohem Herzen.

Philipper 1,3-4

 

Riechen und Schmecken

Monatsblatt Juni 2020 für die Taubblinden-Hilfe

Geruch und Geschmack

Habt ihr das auch schon erlebt? Die Nase ist verstopft und der Hals kratzt. Man hustet und hat Fieber. Nein, ich rede nicht von Corona, sondern von einer ganz normalen Erkältung. Oft schmeckt man das Essen gar nicht mehr. Die verstopfte Nase riecht nichts und deshalb scheint das Essen geschmacklos zu sein. Das ist meiner Schwiegermutter vor einiger Zeit bei einer Erkältung passiert und war für sie als Person mit Taubblindheit sehr unangenehm und irritierend. Mit dem Verlust vom Geruchs- und Geschmackssinn geht ein wichtiges Stück Lebensqualität verloren.

Der Verlust von Geruch und Geschmack ist übrigens auch ein Symptom einer Corona-Infektion. In einigen Fällen war es sogar das einzige Symptom.

Obwohl der Geruchssinn weniger wichtig scheint als der Tastsinn, wird er für vieles und nicht nur beim Essen gebraucht. Wir entscheiden zum Beispiel oft unbewusst anhand des Geruchs, ob wir eine Person leiden können oder nicht. Das widerspiegelt sich im Sprichwort «sich riechen können». Wenn man jemanden nicht riechen kann, steht es nicht gut um die Beziehung. Und wer etwas Feines, wie einen frisch gebackenen Zopf riecht, bleibt nicht lange bei schlechter Laune.

In dieser Corona-Zeit zeigt sich, was in den Menschen steckt. Es gab viele Freiwillige, die bereit waren Menschen, die zur Risikogruppe gehörten, zu helfen und für sie Besorgungen zu machen. Es ist eine «wohlriechende» Solidarität und Geschwisterlichkeit entstanden. Das sind «wohlriechende» Entwicklungen, die uns guttun und ermutigen.

Sogar die Bibel erwähnt einen lieblichen Geruch, der Gott gefällt:

Im Augenblick habe ich alles, was ich brauche. Ich bin reichlich versorgt durch die Gaben, die ihr mir geschickt habt. Sie sind wie der gute Geruch eines Opfers, das Gott gefällt.

Philipper 4,18