Schritt für Schritt

Hier ist nun der ausführliche Bericht meiner Wanderferien:

Am ersten Tag wanderten wir auf und um den Creux du Van. Etwa 730 Höhenmeter. Die schweren Rucksäcke hatten wir am Bahnhof gelassen, was mit einer gewissen Hektik in Neuchâtel verbunden war, da wir nur wenige Minuten zur Verfügung hatten, um die Schliessfächer zu finden, alles reinzupacken und dann auf’s Gleis zu rennen (um den Anschluss nicht zu verpassen), aber eine weise Entscheidung war, obwohl ich dann noch mein Billette kaufen musste (was trotz einigen Anlaufschwierigkeiten schliesslich doch mit der SBB-App klappte). Es ging alles auf. Der Creux du Van war sehr eindrücklich und wir am Ende des Tages sehr müde – aber glücklich. Und mit meinen zwei Freundinnen zusammen hat Hektik immer einen Anstrich von…verrückt-lustig und „puh, wir haben’s geschafft“ – wir sind also gut und verrückt!

Am zweiten Tag nahmen wir den Zug von Le Locle nach Les Brennets, wo wir ein Schiff zu den Sauts du Doubs nahmen und dann dem Doubs nach Richtung Biaufond wanderten – etwa sechs Stunden und diesmal mit den schweren Rucksäcken. Da machte sich der Muskelkater in den Schienbeinen vom Abstieg des Creux du Van schon mal bemerkbar, aber ich schrieb innerlich schon an einem Blog.

Am dritten Tag wanderten wir den Doubs entlang bis nach Goumois – wir liessen die „Echelles de la mort“, also die Todesleitern wohlweisslich aus, aber ich hatte an diesem Punkt schon in den Überlebensmodus gewechselt und alle Gedanken an einen zukünftigen Blog waren verflogen. Ich sagte meinen Freundinnen nur, dass ich, falls ich überleben sollte, sicherlich einen Orden verdient hätte. Mir taten nicht nur die Schienbeine weh, sondern jetzt machten sich auch noch die Waden bemerkbar und um das Erlebnis noch unvergesslicher zu machen, schmerzten meine Fussballen. Nach ein paar Stunden ging es nur noch darum einen Schritt nach dem anderen zu machen – sonst wäre ich nie angekommen. Ich hatte auch keine andere Wahl. Und genau an diesem Punkt dämmerte mir, was unsere Wanderung mit meinem Leben zu tun hat – aber erst als ich schon längst wieder Zuhause war.

In der erster Woche nach den Wanderferien, als ich in den (anstrengenden Ferien-) Alltag mit den Kinder eintauchte, wurde mir etwas klar. Ich wache immer noch jeden Tag mit einem Hilfeschrei zum Himmel auf und gehe am Abend mit einem Danke auf den Lippen ins Bett. Dazwischen gibt es nur eins: einen Schritt nach dem anderen zu machen. Manchmal will ich keinen Schritt mehr machen oder dann nur Schritte weg von allem, was mir gerade zu anstrengend ist und über den Kopf wächst, aber es gibt gerade keinen anderen Weg mein Ziel (sagen wir mal kurzfristig gedacht: den Abend) zu erreichen, als nur einen Schritt nach dem anderen zu machen.

Manchmal geht es nur darum, das zu machen, was vor einem liegt. Ein Schritt nach dem anderen.

Aufstehen. Schritt. Frühstücken. Schritt. Pausenbrote schmieren. Schritt. Die Kinder mit einer Umarmung oder einem Kuss verabschieden. Schritt. Arbeiten. Schritt. Mittagessen kochen. Schritt. Nach dem Essen aufräumen. Schritt. Arbeiten. Schritt. Die Kinder nach der Schule in Empfang nehmen und mich dann auf den wirklich anstrengenden Teil gefasst machen. Schritt. Kinder an die Hausaufgaben erinnern. Schritt. Kristina helfen, die um meine Hilfe bittet, sie aber nicht wirklich annehmen will (z.B. bei den Hausaufgaben und was mich das an Nerven kostet, geht auf keine Kuhhaut). Lange überlegen und dann doch: Schritt. Mit Sven lesen üben. Schritt. Jana bei Berufswahl-Angelegenheiten helfen. Schritt. Und noch tausend andere kleine aber wichtige Dinge, die zur ganz normalen Alltagsbewältigung gehören. Und immer: Schritt.

Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass wir am vierten Tag unserer Wanderferien von Goumois in vier Stunden nach Soubey wanderten, wo wir in ein kleines Postauto stiegen, dass uns nach St. Ursanne brachte. Dort war unsere Wanderung zu Ende und wir nahmen den Zug nach Basel, wo wir ein paar sommerliche und erlebnisreiche Tage verbrachten.

Ein Schritt nach dem anderen. Ein Tag nach dem anderen. Woche um Woche. Aber wir erreichen Ziele. Wir kommen immer wieder an. Wir bleiben dran, Schritt für Schritt und deshalb sind wir Helden und haben einen Orden verdient.

Heilig leben?

Was bedeutet es heilig zu leben? Das Wort heilig gehört ja nicht gerade zu unserem Alltagsvokabular. Aber wer sich ab und zu in ein Gotteshaus verirrt, der wird diese Worte vermutlich hören. Und wer regelmässig einen Gottesdienst besucht, der wird diese Worte schon so oft gehört haben, dass er sie schon wieder „überhört“. Aber ab und zu frage ich mich solche Fragen und möchte euch Anteil geben an meinen Gedanken dazu.

Bedeutet heilig leben gewisse Dinge nicht zu tun? Bedeutet es gewisse andere Dinge zu tun? Vielleicht. Vielleicht ist heilig leben aber noch viel mehr als nur gewisse Regeln einzuhalten.

Vor einiger Zeit habe ich gelernt, was das Wort heilig in der Bibel bedeutet, nämlich, „für einen besonderen Zweck abgesondert“. Vielleicht habt ihr noch Sonntagsgeschirr? Das wäre dann „heiliges“ Geschirr. Ich gebe zu, das ist alles vielleicht etwas arg vereinfacht, aber es hat mir das Wort heilig wieder näher gebracht und ich meine es jetzt besser zu verstehen, wenn uns gesagt wird, wir sollen heilig leben, weil Gott heilig ist.

Irgendwann haben wir angefangen ein heiliges Leben mit einem sündlosen Leben zu verwechseln. Und die Schuldgefühle mitsamt Selbstverdammnis lauern gleich um die Ecke. Ist ja nicht zu sagen, was für einen Druck wir uns dadurch aussetzen.

Ich habe nichts, rein gar nichts, gegen gewisse Leitplanken – ich begrüsse sie sogar – da wir alle wissen, dass im Zusammenleben jeder nicht einfach das machen darf, was er will. Hier geht es aber um unsere tiefste Motivation, eigentlich um unser Herz: Warum lebe ich wie ich lebe? Wer oder was bestimmt meinen Umgang mit dem Leben und mit allem, was mir das Leben so in den Schoss wirft?

Noch mehr als meinen Kindern einen gesunden Lebensstil (im christlichen Jargon wäre das dann „heilig leben“) zu vermitteln, möchte ich ihnen einprägen, dass Gottes Liebe für sie grösser ist als jeder Fehlentscheid und jedes Versagen. Ich habe jahrelang gebraucht das zu verstehen und wenn es etwas gibt, dass ich aus meiner Scheidung gelernt habe, dann ist es dies: Gott hat keinen Plan B. Er hat Plan A schon lange im Voraus gewusst und sich trotzdem auf mich eingelassen. Diese Liebe, dieses Trotz-Meines-Versagens-Für-Mich-Sein ist es, was mich so zu ihm zieht. Er kennt mein Scheitern, nimmt mich trotzdem an und hat sogar eine Bestimmung und einen Plan für mich. Diese Gnade ist unfassbar. Und plötzlich ist mein Leben total wertvoll und heilig (für einen besonderen Zweck abgesondert).

„Heilig leben“ scheint mehr damit zu tun zu haben, was Gott tut, als mit dem was ich tue. Oder könnt ihr euch vorstellen, wie Gott plötzlich überrascht aufschaut und sagt: „Hoppla, die Sonja da unten, die hat meinen Plan aber gehörig vermasselt. Oi vey, was mach‘ ich nun? Wie krieg‘ ich das jetzt wieder hin?“ Ich weiss nicht, wie gross dein Gott ist, aber meiner ist definitiv grösser.

Der Sturz

Manchmal ist ein Sturz vom Velo (Fahrrad für die Deutschen unter euch) vergleichbar mit einem Sturz im Leben.

Ich war auf dem Weg zu einem Treffen mit zwei Freundinnen und gerade als ich ein steiles Strässchen hochfahren wollte, fiel ich vom Velo. Es war ein langsamer Sturz (keine Schürfungen und so) und gleichzeitig so schnell vorbei, dass ich mich unter meinem Velo wiederfand, bevor ich richtig begriffen hatte, was geschehen war. Also, entweder ich werde einfach alt und tattrig, oder es hatte damit zu tun, dass mein Körper noch so viel Schwung hatte und der Gang so niedrig war, dass es einfach nicht passte und ich ins Leere hinaus trampelte.

Dieses mit zu viel Schwung ins Leere trampeln, kenne ich. Ich kenne es aus diesem Zwei-Wochen-Rhythmus mit den Kindern: Ein Wochenende bei mir, ein Wochenende bei ihrem Vater. Wir wissen ja, dass es für die Kinder nicht einfach ist. Ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass es für mich auch nicht einfach ist. (Auch wenn mich andere Mütter um diese kinderfreien Wochenenden beneiden…tut mir Leid, Ladies.) Ohne diese kinderfreien Wochenenden mutiere ich zum nervösen Wrack. Wenn ich aber dann ein kinderfreies Wochenende habe, stürze ich oft und heftig und frag mich, wie ich so plötzlich auf dem Boden landen konnte – es sollte mir doch jetzt besonders gut gehen. Das Leben mit den Kindern ist so voll: Reden, Streiten, Schlichten, Lachen, Kochen, Essen, Sachen machen (wenn ihr das laut lest, merkt ihr, dass es sich irgendwie reimt). Wenn alle plötzlich am Freitagabend weg sind, trample ich mit enormen Schub ins Leere. Bumm. Da lieg ich und sehe nur noch, wie sich die Räder in der Luft drehen.

Aber ich kann euch beruhigen. Ich falle nicht mehr so oft. Nach bald acht Jahren schaffe ich es manchmal auf den Rädern des Lebens zu bleiben und fröhlich ins Wochenende zu radeln. Nicht immer, aber immer öfter.

Ein gewöhnlicher heiliger Moment

Als ich eines Abends in der Küche das Abendessen vorbereitete, fragte mich Sven, wie man Jesus in sein Leben einlädt. Als ich so in der Küche herumwerkelte, erklärte ich es ihm und als ich ein kurzes Gebet vorschlug, sprach er es nach. Das passierte alles so neben dem Brotschneiden, Aufschnitt aus dem Kühlschrank holen und Teller und Besteck zusammenstellen.

Es war ein sehr gewöhnlicher heiliger Moment. Ein unaufdringlicher heiliger Moment. Ein alltäglicher heiliger Moment. Ich habe es fast übersehen.

Als ich am nächsten Abend mit ihm darüber sprach, war er sehr glücklich ein Prinz Gottes zu sein. (Wie ist er auf diese Idee gekommen? Vielleicht von dem Lied, dass sie in der Sonntagsschule singen: …ich bin ein Prinz, so genial… ?)

Er fragte mich auch, was eine Seele sei. Ich fand es nicht so einfach einem Achtjährigen das zu erklären. Ich versuchte es mit dem Beispiel vom Brief (Seele) im Umschlag (Körper) zu erklären. Aber ehrlich, ich habe keine Ahnung ob er irgendwas davon verstanden hat.

„When the most important things in our life happen, we quite often do not know, at the moment, what is going on.“ C. S. Lewis (1898-1963)

(auf Deutsch in etwa: Wenn in unserem Leben die wichtigsten Dinge passieren, haben wir oft keine Ahnung, was gerade geschieht.)

P. S. Ich finde den Titel von diesem Eintrag nicht besonders gut gewählt, weil ich der Überzeugung bin, dass die „heiligen Momente“ meistens die „unheiligen“ sind. Also eben dann, wenn ich mit den Kindern nicht über „Geistliches“ rede, sondern über Star Wars, das Handball-Training, die Berufswünsche, dann, wenn ich joggen gehe, um meinen Kopf durchzulüften und meine Beine mal wieder richtig zu bewegen, wenn ich meine Tochter ihren Frust abladen lasse, ohne sie mit Vorschlägen zu überhäufen (was mir leider nicht immer gelingt…). Versteht ihr was ich meine? Unser Leben ist voll von diesen heiligen Momenten, die ganz unscheinbar daher kommen.

Und jetzt muss ich das Jedi-Kostüm für Sven fertig nähen gehen – heilige Arbeit, kann ich da nur sagen.

Ruhe.

Es ist ruhig. Nach sieben Tagen Ferien (inzwischen sind es 14 Ferien- und 5 Schultage), in denen die Kinder praktisch rund um die Uhr um mich herum waren, sind sie für den Nachmittag ausgeflogen, tummeln sich im Wald; und es ist ruhig. R u h i g. Und wie ich gerade diese Ruhe geniesse. Ich sitze mit frisch gewaschenen und getrockneten Haaren vor einem Stück Kuchen und einer Tasse Tee am (aufgeräumten und endlich krümmelfreien) Esstisch und lese ein Buch. Ein Buch. Nicht nur schnell noch einen Artikel auf dem iPad. Nein, ein echtes, richtiges, handfestes Buch mit Papierseiten. (Freude herrscht!)

Und danach werde ich in aller Ruhe meine Nägel lackieren.

P. S. Die Ferienzeiten sind meistens der Grund warum ich zwischendurch mal länger nicht schreibe. Keine Ruhe = kein Schreiben.

„Nur noch kurz die Welt retten“

„Nur noch kurz die Welt retten“. Habt ihr das Lied auch schon gehört? (Ich liebe diese Art von ehrlicher Musik.) Wir wollen doch alle irgendwie die Welt retten und nehmen uns dabei oft so viel wichtiger als die Welt. Und wir laufen Gefahr die wirklich wichtigen Momente zu verpassen.

Wenn Jesus Musiker gewesen wäre, hätte er vielleicht auch so ein Lied geschrieben. Er war aber ein Geschichtenerzähler und erzählte einmal darüber, wie ein Geschäftsmann ausgeraubt und zusammengeschlagen wurde. Als er halb tot am Wegrand lag, kamen zwar ein paar Geistliche an ihm vorbei, liessen ihn aber in seinem Elend da liegen, weil sie zu sehr damit beschäftigt waren „die Welt zu retten“. Das fand Jesus gar nicht toll (er hatte generell sehr grosse Mühe mit den Menschen, die ihre Geistlichkeit zur Schau stellten und deren Worte nicht mit ihrer Art zu leben übereinstimmten. Alles nur Geplapper, sagte er dann).

Ich muss gar nicht weit gehen, um meine Welt zu retten. Ich muss nur das tun, was vor meinen Füssen liegt. Für mich bedeutet es im Moment mich vor allem mit meinen Kindern abzugeben. Ich habe beschlossen, dass sich diese Investition lohnt. Also, höre ich ihnen zu, wenn der Tag in der Schule mega sch… war (Originalton Kristina :)). Spreche ihnen Mut zu, wenn sie an sich zweifeln. Übe das Ein-Mal-Eins, bis Sven es im Schlaf schon rückwärts kann. Erkläre Jana ganz genau welches Tram sie wohin nehmen muss. Kurz, ich teile das Leben mit ihnen. Das klingt so nicht aufregend. So alltäglich. Schon fast langweilig. Aber wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch eine Welt ist, rette ich nicht nur täglich eine Welt, sondern gleich drei! Das klingt schon wesentlich aufregender. Und eigentlich bin ich ja froh, dass meine Nächsten so nah sind!

Link zu YouTube Lied: http://www.youtube.com/watch?v=4BAKb2p450Q

Die Geschichte von Jesus kann man in der Bibel nachlesen (im Neuen Testament unter Lukas Kapitel 10 Verse 30 bis 36 zu finden).

Listen

Ich bin ein Listenmensch.

Listen retten meinen Alltag.

Ohne Liste trödele ich durch den Tag, mache gerade das, was mir vor die Füsse fällt, vergesse alles andere und wundere mich am Ende des Tages über alles, was ich nicht geschafft habe, um mir dann schleunigst alles Versäumte schön der Reihe nach in eine Liste zu verpacken, die ich am nächsten Tag erfolgreich und Punkt für Punkt in Angriff nehme. (Das war jetzt ein wunderbar langer Satz!)

Deshalb möchte ich festhalten: Ich finde Listen richtig toll und werde sie mir weiterhin zu Nutze machen, um meinen manchmal chaotischen Alltag erfolgreich und glücklich (ja, Listen tragen zu meinem Glück bei) zu meistern.

Ausserdem ist es ein gutes Gefühl einen Punkt nach dem anderen durchstreichen zu können – und an dieser Stelle muss ich bekennen, dass ich ab und zu, ja es kommt tatsächlich vor, wenn ich etwas erledigt habe, was nicht auf meiner Liste stand, es noch hinschreibe, um es sogleich wieder durchzustreichen. (Das sieht am Ende des Tages noch besser aus.)

Ein (nicht) ganz normaler Morgen

Wie schön, wenn ein Morgen normal abläuft. Das geht mir gerade durch den Kopf, denn was mir manchmal schon anstrengend genug scheint, kommt mir seit einigen Wochen richtig erholsam vor.

Nachdem ich eines Morgens um 5:50 h aufgestanden war, stellte ich fest, dass sich das halbe Hause in Dunkelheit hüllte. Kein Strom. Das ist bei uns keine Seltenheit, aber in letzter Zeit nicht mehr so häufig der Fall wie auch schon, da ich gelernt habe den Staubsauger nicht dann zu benutzen, wenn der Geschirrspüler läuft, die Mikrowelle nur dann zu gebrauchen, wenn sich niemand die Haare föhnt oder der Wasserkocher nicht in Gebrauch ist. Und wenn die Waschmaschine läuft, müssen alle anderen elektrischen Geräte schweigen.

Nun, ich weiss nicht, was ich am Abend vorher übersehen hatte, und vielleicht war es nur eine Laune unseres veralteten elektrischen Systems, aber mitten in der Nacht ging auf der elektrischen Ebene nichts mehr. Da es die Küche betraf, sprich den Kühlschrank mit Gefrierschrank und den Herd, war ich schon mal leicht gestresst.

Nachdem ich im Keller alle Sicherungen ausgetauscht hatte, wo sich das Problem nicht befand, entschied ich mich den Hauswart zu kontaktieren. Es war 6.39 h.

Antwort des Hauswarts (SMS): Sicherung an der Giebelseite wechseln.

Ich (in Gedanken): Giebelseite. Hm, Giebelseite? (nach 5 Minuten) Ah, Giebelseite! Und gleich danach die Erkenntnis, dass ich weder einen Schlüssel zu diesem Sicherungskasten habe, noch befugt sei, diesen Sicherungswechsel auszuführen. Kurz: Ich hatte immer noch keine Ahnung was zu machen war.

Also, ich (SMS): Machen Sie das?

Hauswart (SMS): Bin um 13 h dort. Sie müssen anwesend sein.

Ich (in Gedanken und in Svens Worten): „Whaddah??!?!!“ Um 13 h – das geht gar nicht!

Daher, ich (SMS): Und wie soll ich kochen? Kann jemand anders die Sicherung wechseln?

Hauswart (SMS): Frau Fischer fragen. Ich habe Termine.

An dieser Stelle muss ich einfügen, dass ich kurz vor 7 h schon zu Frau Fischer unterwegs gewesen war, aber wieder umgekehrt war, weil es noch so furchtbar früh war. Frau Fischer und ihr Mann sind für mich Gottes Vertreter in meiner Nachbarschaft, wenn ich jemanden brauche, der weiss was zu tun ist und auch anpackt, also vor allem dann, wenn der Hauswart nicht abkömmlich ist, oder wenn ein Trottinette auseinander zu fallen droht, oder ein Fahrrad Schwarz statt Lila sein sollte, oder Sven einen Haarschnitt braucht.

Da ich für gewöhnlich um 7 h  nicht bei meinen Nachbarn an die Tür klopfe, kratzte ich meinen ganzen Mut zusammen. Meine Verzweiflung gab mir auch noch einen Schubs. Obwohl ihre Kinder noch am Frühstückstisch sassen, waren Frau Fischer und ihr Mann wie immer sehr hilfsbereit, gaben mir ein paar andere Sicherungen zum Ausprobieren und überlegten sogar, ob es hilfreich wäre, wenn ein Mann mit dem Hauswart telefonieren würde. (Den Gedanken habe ich überaus geschätzt.)

Kurz darauf kam dann überraschend das erlösende SMS vom Hauswart: Ich chumä schnäll. (Das ist Schweizerdeutsch für „ich komme schnell“.) Vermutlich war er inzwischen auch wach.

Das Problem war dann auch schnell gelöst, alle Lichter gingen an, der Kühlschrank surrte wieder vor sich hin und der Ofen war einsatzbereit.

Und heute geniesse ich meinen ganz normalen Morgen.

Das Leben ist (zu) schwer

„Nach dem Mittagessen legte ich mich aufs Bett und weinte einfach. Ich weiss nicht, wann ich das zuletzt getan habe.

Ich weinte, weil das Leben schwer ist und weil es sich im Moment – eigentlich fast immer – zu schwer anfühlt.

Ich weinte, weil sich mein Leben auf eine gewisse Art abspielt: Ich habe eine Hoffnung auf die ich warte (das macht angeblich stark, toll, was?) und das finde ich extrem schwierig und mag so lange Wartezeiten ganz und gar nicht. Ausserdem verliere ich den Mut und heule dann los.

Letztes Jahr waren für mich die Finanzen eine Herausforderung. Dieses Jahr ist es eine Herausforderung meinen Glauben und meine Hoffnung nicht zu verlieren. Wenigstens muss ich mich nicht gleichzeitig mit beidem herumschlagen.

Irgendwie muss ich versuchen alles loszulassen, was mir jetzt zu schwierig erscheint. Und das ist auch schwierig.

Jetzt bin ich richtig müde (und meine Beine spüren all die tausend Stufen, die wir im Alpamare immer wieder hochgelaufen sind).

Ich brauche erlösende Gnade.“

Obwohl ich diese Worte im Februar 2013 geschrieben hatte, also noch ziemlich am Anfang des Jahres, haben sich die darin beschriebenen Gefühle und Gedanken, wie ein roter Faden durch das Jahr gezogen. Ich erlebte auch Schönes, kleine Höhepunkte (immerhin bin ich auf meiner Dankesliste schon bei Nr. 919 angekommen), Ruhezeiten, und kam doch immer wieder an den Punkt, an dem mir alles zu schwer und mir das Warten auf bessere Zeiten zu lang vorkam. Erst jetzt im Herbst fiel etwas von dieser Schwere von mir ab.

Das klingt jetzt sehr unfertig und das ist es auch. Ich bin immer noch am Hoffen und Warten, aber abgesehen von einer ziemlich permanenten Müdigkeit, die wohl daher kommt, dass ich drei Kinder grossziehe, arbeite und mich mit miesem Haushaltspersonal rumschlagen muss, geht es mir gut. Ich habe noch Hoffnung. Ich habe auch noch Glauben, dass einer über mir wacht, der es gut mit mir meint. Und das macht mein Herz sehr froh!

P.S.: Für alle, die Englisch verstehen: Die Band Tenth Avenue North drückt in ihrem Lied „Worn“ diesen Zustand von dem ich hier schreibe sehr gut aus: http://www.youtube.com/watch?v=zulKcYItKIA

Er führt

Folgende Gedanken schrieb ich im März 2005, also vor über acht Jahren. Mein Alltag hat sich seither enorm verändert, aber die darin beschriebene Wahrheit nicht:

„Gott führt uns jeden Tag. Manchmal merken wir das, manchmal nicht.“ Als ich diesen Satz las, füllten sich meine Augen mit Tränen. Wie schnell vergesse ich, dass Gott mich nicht einfach wie eine heisse Kartoffel fallen lässt, wenn ich das Gefühl habe, ich sei ihm nicht so nah, wie ich sein sollte oder wollte. Nur weil ich es nicht merke, dass Gott mich führt, heisst es noch lange nicht, dass er es nicht tut.

Mich erfüllt eine grosse Dankbarkeit gegenüber meinem Schöpfer, meinem Gott, der mich so sehr liebt, dass er sein Leben für mich hingab. Sein Leben gab er nicht hin, damit ich in irgendwelchen abgehobenen Sphären mein Dasein friste, sondern damit er mich dort führen kann, wo mich der Alltag einholt. Wie gestern, als ich

  • meinen sieben Monate alten Sohn immer wieder umziehen musste, weil er ständig am Erbrechen war;
  • noch schnell nach dem Mittagessen mit Jana zum Coop rennen musste, um für ihre Freundin eine Geburtstagsgeschenk zu besorgen;
  • die fast zwei Liter Sirup vom Boden aufwischen musste, die meine dreijährige Kristina verschüttet hat;
  • noch Kristinas Bett frisch anziehen musste, gerade als ich nach diesem anstrengenden Tag ins Bett wollte.

Manchmal scheint so ein Tag elend lang. Und ich vergesse ganz, dass mich der Allerhöchste führt, weil ich es nicht merke. Im Rückblick kann ich jedoch bestätigen, dass er da war, dass er trotz allen Nerven, die mich die verschiedenen Situationen gekostet haben, da war und mich und meine Kleinen getragen und ertragen hat. So wie ich es bei meinen Kindern tue, so tut er es bei mir – einfach besser.

Ganz ehrlich, mit drei Kindern, das Jüngste erst sieben Monate alt, mit Nächten, in denen ich zwei bis fünf Mal aufstehen muss, komme ich nicht wirklich dazu Zeit alleine mit Gott – in manchen Kreisen als „Stille Zeit“ bekannt – zu verbringen. Ich rede mit Gott während ich den Kleinsten Stille, während dem Abwasch oder unter der Dusche, da bin ich sehr flexibel. In der Bibel lese ich selten, ich schlafe dabei eher ein und komme kaum über  zwei Verse hinaus. Dafür begegnen mir Sätze wie der Anfangserwähnte oder ich schaffe es zwischen den unzähligen Kinder-CDs mal etwas Musik mit etwas Tiefgang zu hören, manchmal ergibt sich mit den Kindern ein Gespräch über Gott und die Welt, in der eine Wahrheit über Gott besonders hervorsticht und mich wieder neu bewegt und berührt. Ich merke, Gott ist ganz wie wir Mütter: flexibel und kreativ. Ihm gehen die Ideen, wie er uns neu begegnen kann so schnell nicht aus. Und ich bin einfach nur noch dankbar.