Enttäuscht, aber nicht überrascht

Enttäuscht, aber nicht überrascht

– von der sogenannten Toleranz unserer modernen Gesellschaft, dass doch kneift, wenn es beispielsweise um homosexuelle Sportler geht.

– von der Unfähigkeit vieler Christen (ja, leider auch von mir) das Richten und Urteilen zu unterlassen, nachdem uns gesagt wird „richtet nicht“.

Beide Verhaltensweisen zeugen weder von Authentizität, noch Ehrlichkeit und bieten keinen Boden auf dem eine echte Annahme eines Menschen, also ein Sehen und Kennen und Lieben eines Menschen möglich ist.

Dabei haben wir ein so gutes Beispiel (und wieder eine Geschichte aus der Bibel, die eine wahre Fundgrube an guten Geschichten ist!):

Da war eine Frau, die suchte. Sie suchte sich selbst zu kennen und lieben. Dachte, wenn ein Mann sie sieht, kennt und begehrt, sie sich selbst finden würde. Aber, ein Mann nach dem anderen begehrte sie, doch keiner war daran interessiert sie zu kennen und zu lieben. Inzwischen interessierten sich auch die Frauen nicht mehr für sie. Sie war verbraucht und verrucht und verstossen. Unverhofft, an einem heissen, staubigen Tag, trat ein weiterer Mann in ihr Leben. Auch er wollte etwas von ihr, aber nur ein Schluck Wasser aus dem Brunnen. Er gab ihr dafür ihre Würde zurück. Und sie fand alles und mehr als sie je gesucht hatte.

Das ist unser Job. Nicht das Richten, nicht das Ausgrenzen, nicht das Urteilen und Verurteilen eines Menschen auf Grund seiner Entscheidungen, die anders ausgefallen sind als wir sie getroffen hätten.

Kennenlernen, Zuhören und Wertschätzen hat schon vor zweitausend Jahren funktioniert. Es wäre ein Versuch wert.

Schwul

Dieser Text liegt schon länger in der „Schublade“ und nachdem ich den Film „Dallas Buyers Club“ gesehen habe, drängt es mich ihn hier zu veröffentlichen.

Kürzlich (also inzwischen schon fast ein Jahr her… wie die Zeit doch vergeht) um 8.00 h in unserem Hauseingang.

Kollegin von Kristina: Der Fotograf kommt.

Kristina: Mama, der Fotograf kommt.

Ich: Ich weiss, aber erst in zwei Tagen.

Kristina: Kommt wieder derselbe, der mit dem pinkigen Auto?

Kollegin: Ich hoffe nicht, der ist schwul.

Ich: (??!!*WAAAAS??!!* *fassungslos* *sprachlos* *Gedankenmühle dreht sich pausenlos*)

An diesem Punkt habe ich nicht mehr gehört, was weiter gesagt wurde. Ob weil ich es akustisch nicht mehr wahrgenommen habe oder weil ich fassungslos war, weiss ich nicht mehr. Wenn Schulkinder (diese waren Fünftklässler) schon so voreingenommen sind – Gnade uns Gott! Was ist mit der hoch gepriesenen Toleranz unserer modernen humanistischen Gesellschaft geschehen? Ich vermute fast, dass alles nur schöne Theorie geblieben ist und Menschen zwar tolerant daher reden, aber eine Überzeugung ist es wohl doch nicht geworden und verändert hat sich eigentlich nichts.

Als Mitglied einer Freikirche werde ich wahrscheinlich von der Allgemeinheit als fundamentalistisch eingestuft, aber nicht einmal ich, denke so über Schwule (auch wenn es uns manchmal nachgesagt wird). Ich bin immer noch fassungslos und kann mein Unverständnis für so einen Ausspruch nicht wirklich in Worten ausdrücken. (An dieser Stelle muss ich eingestehen, dass Kinder den Ausspruch „das oder der ist schwul“ einfach so gebrauchen, manchmal ohne sich der Bedeutung bewusst zu sein und ohne zu meinen, dass jemand tatsächlich schwul ist. Aber trotzdem!)

Es tut mir leid, liebe Schwule und Lesben (und alle anderen, die sich jetzt angesprochen fühlen), dass sich unsere Worte oft nicht mit unseren Taten decken. Ihr seid wunderbare Menschen, ihr seid geliebte Menschen, ihr seid nicht in erster Linie Schwule oder Lesben, genauso wenig wie ich in erster Linie eine heterosexuelle Geschiedene bin. Wie oft bedienen wir uns dieser Etiketten, um uns abzugrenzen, um uns besser zu fühlen, um unseren Platz in dieser Welt zu finden, einzunehmen und dann zu verteidigen. Aber so grenzen wir uns ab und aus und am Schluss sitzen wir alleine in unserer Burg und wundern uns warum uns niemand mag. Wir wundern uns warum es so viel Neid und Streit und Hass und Krieg gibt. Wir sollten uns fragen, wie es in unserem Herzen aussieht. Das was in unserem Herzen ist, wird den Weg nach draussen finden. Es wird unsere Kinder prägen und ob wir es mögen oder nicht, werden unsere Kinder das widerspiegeln, was wir ihnen vorgelebt haben.

Wovon das Herz erfüllt ist, das spricht der Mund aus! (Steht in der Bibel, also muss was dran sein.)

Ein gewöhnlicher heiliger Moment

Als ich eines Abends in der Küche das Abendessen vorbereitete, fragte mich Sven, wie man Jesus in sein Leben einlädt. Als ich so in der Küche herumwerkelte, erklärte ich es ihm und als ich ein kurzes Gebet vorschlug, sprach er es nach. Das passierte alles so neben dem Brotschneiden, Aufschnitt aus dem Kühlschrank holen und Teller und Besteck zusammenstellen.

Es war ein sehr gewöhnlicher heiliger Moment. Ein unaufdringlicher heiliger Moment. Ein alltäglicher heiliger Moment. Ich habe es fast übersehen.

Als ich am nächsten Abend mit ihm darüber sprach, war er sehr glücklich ein Prinz Gottes zu sein. (Wie ist er auf diese Idee gekommen? Vielleicht von dem Lied, dass sie in der Sonntagsschule singen: …ich bin ein Prinz, so genial… ?)

Er fragte mich auch, was eine Seele sei. Ich fand es nicht so einfach einem Achtjährigen das zu erklären. Ich versuchte es mit dem Beispiel vom Brief (Seele) im Umschlag (Körper) zu erklären. Aber ehrlich, ich habe keine Ahnung ob er irgendwas davon verstanden hat.

„When the most important things in our life happen, we quite often do not know, at the moment, what is going on.“ C. S. Lewis (1898-1963)

(auf Deutsch in etwa: Wenn in unserem Leben die wichtigsten Dinge passieren, haben wir oft keine Ahnung, was gerade geschieht.)

P. S. Ich finde den Titel von diesem Eintrag nicht besonders gut gewählt, weil ich der Überzeugung bin, dass die „heiligen Momente“ meistens die „unheiligen“ sind. Also eben dann, wenn ich mit den Kindern nicht über „Geistliches“ rede, sondern über Star Wars, das Handball-Training, die Berufswünsche, dann, wenn ich joggen gehe, um meinen Kopf durchzulüften und meine Beine mal wieder richtig zu bewegen, wenn ich meine Tochter ihren Frust abladen lasse, ohne sie mit Vorschlägen zu überhäufen (was mir leider nicht immer gelingt…). Versteht ihr was ich meine? Unser Leben ist voll von diesen heiligen Momenten, die ganz unscheinbar daher kommen.

Und jetzt muss ich das Jedi-Kostüm für Sven fertig nähen gehen – heilige Arbeit, kann ich da nur sagen.

Ruhe.

Es ist ruhig. Nach sieben Tagen Ferien (inzwischen sind es 14 Ferien- und 5 Schultage), in denen die Kinder praktisch rund um die Uhr um mich herum waren, sind sie für den Nachmittag ausgeflogen, tummeln sich im Wald; und es ist ruhig. R u h i g. Und wie ich gerade diese Ruhe geniesse. Ich sitze mit frisch gewaschenen und getrockneten Haaren vor einem Stück Kuchen und einer Tasse Tee am (aufgeräumten und endlich krümmelfreien) Esstisch und lese ein Buch. Ein Buch. Nicht nur schnell noch einen Artikel auf dem iPad. Nein, ein echtes, richtiges, handfestes Buch mit Papierseiten. (Freude herrscht!)

Und danach werde ich in aller Ruhe meine Nägel lackieren.

P. S. Die Ferienzeiten sind meistens der Grund warum ich zwischendurch mal länger nicht schreibe. Keine Ruhe = kein Schreiben.