Über das Vertrauen

Ich denke viel über Vertrauen nach. Was bedeutet Vertrauen? Ist es Vertrauen zu sagen: Das kommt schon gut? Es kommt darauf an, was man mit „gut“ meint.

Mein Vertrauen wurde dieses Jahr sehr herausgefordert. Und vieles ist „gut“ geworden. Jana hat eine Lehrstelle gefunden und in unserer neuen Wohnung fühle ich mich immer noch fast wie in einem Schloss (es zieht nicht durch die Fenster und Türen, der Kühlschrank bildet keine Pfützen und die Zimmer sind gross – ausser das Wohnzimmer, aber damit kann ich leben). Aber das Leben geht weiter und es kommen immer neue Herausforderungen auf uns zu. In letzter Zeit wird unser aller Vertrauen durch die gewaltsamen Geschehnisse in nahen und fernen Ländern arg gefordert.

Es gibt da eine Geschichte über das Vertrauen. Drei Männer wurden vor einen König geschleppt. Sie hätten sich vor einer Statue verbeugen und diese anbeten sollen. Nur ging das total konträr zu ihrem Glauben und ihrer tiefsten Überzeugung. Sie waren bereit die Konsequenzen zu tragen. Und vertrauten ihrem Gott. (Die Konsequenz war übrigens kein Pappenstiel: Ihnen drohte in einen Feuerofen geworfen zu werden und bei lebendigen Leibe zu verbrennen.) Wir denken gleich, ja ja, sie vertrauten Gott, dass er sie aus dieser Klemme herausretten würde, aber hört, was sie dem König sagten:

„Wenn der Gott, den wir verehren (also vertrauen), es will, kann er uns ganz bestimmt retten. Sowohl aus dem brennenden Feuerofen als auch aus deiner Hand, o König, wird er uns dann retten. Aber selbst wenn er es anders beschlossen hat, sollst du, o König, es mit Sicherheit wissen: Wir werden deine Götter niemals verehren und die goldene Statue, die du hast aufstellen lassen, niemals anbeten.“* Wow. Was für ein Vertrauen. Und nicht gerade das, was wir spontan unter Vertrauen verstehen. Vor allem der Satz, der mit „Aber selbst…“ beginnt.

Es scheint beim Vertrauen nicht darum zu gehen, dass man darauf hofft und sich sicher ist, dass alles wieder gut kommt. Auch wenn das hier in der Schweiz ein beliebter Spruch ist: S’chunnt scho guet. Also das wird schon wieder. Oder die fromme Variante: Bei Gott ist alles möglich. Ganz ehrlich, bei mir ist schon einiges nicht gut gekommen und auch nicht wieder geworden. Und obwohl Gott alles kann und ihm alles möglich ist und ich ihm vertraut habe, ist mein erster Mann an Aids gestorben und von meinem zweiten Mann wurde ich geschieden. Was ist denn da gut gekommen? Und was hat Gott jetzt genau dazu beigetragen?

Aber Gott will doch Ehen retten und wiederherstellen! Ja, das glaube ich auch, aber er wird nicht über das Herz des Einzelnen hinweggehen und jemandem die von aussen am einfachsten aussehende (oder christlich-korrekte und angesehenste) Lösung überstülpen. Es geht Gott immer darum Leben zu retten und zu erhalten. Das kann er manchmal besser, wenn eine Ehe auseinander geht. Ich weiss, das passt nicht in unser Denken, weil die Ehe im christlichen Kontext praktisch unantastbar geworden ist. Aber vor Gott ist das nicht so. Er hat den Menschen zuerst geschaffen und danach die Ehe, dass sie dem Menschen dienen soll, nicht umgekehrt.

Oft wird unser Glaube oder Vertrauen davon gesteuert, was wir wollen. Und was wir wollen ist oft das, was uns gut dastehen lässt oder das, wovon wir unser Lebensglück abhängig machen. Wir sind dann überzeugt, dass Gott das auch will. (Es steht doch so in der Bibel, also muss er es wollen.) Aber er schaut tiefer. (Das steht auch in der Bibel.) Er schaut unser Herz an. Vielleicht hat sich ein Partner dermassen in einen Lebensstil (und damit meine ich nicht nur einen äusserlichen Lebensstil, sondern auch die innere Art, das Leben und Beziehungen zu leben) verrannt, dass Gott es zulässt, dass eine Ehe kaputt geht, um dieses Herz durch einen Zerbruch zu erreichen. Gott würde ich das zutrauen. Ihm ist mein Herz tatsächlich wichtiger als meine Ehe! Er ist nämlich anders als wir. Weiter. Grösser. Liebevoller. Konsequenter. Er hat den Überblick, den wir nicht haben. Er sieht Wege, wo wir nur Wüste sehen und verspricht, dass er immer für uns ist und uns nie alleine lässt…darin liegt unser Vertrauen.

 

*Diese spannende Geschichte kann man in der Bibel, im Buch Daniel Kapitel 3, Verse 16-18 nachlesen. (Man kann sie auch googeln, falls man keine Bibel zur Hand hat.)

2 Gedanken zu „Über das Vertrauen

  1. Vielen Dank Sonja. Zwischen deinen Zeilen höre ich Vertrauen. Vertrauen, dass nicht in einem Buch gelesen oder in einem Workshop besprochen wurde.
    Es ist in deinem Herzen gewachsen. Ein Synonym dafür ist Kraft. Oder Kompetenz. Solche Menschen sind Vorbilder. Und Väter oder eben Mütter für Viele.
    Hanspeter

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