Nackt oder das liebe Geld

Ich las kürzlich im Tagesanzeiger einen Artikel über eine alleinerziehende Mutter, die als Sozialempfängerin am Existenzminimum lebt. Solche Schicksale sind sehr bewegend, weil sie hier mitten unter uns in diesem reichen Land stattfinden. Sie bewegen mich auch deshalb, weil es genauso gut mich hätte treffen können. Vieles kam mir auch sehr bekannt vor, weil ich kürzlich, um eine finanzielle Unterstützung für meine Kinder zu bekommen, meine Finanzen (zwar nicht auf dem Sozialamt, aber trotzdem) offen darlegen musste. Diese Frau sagt über den Gang aufs Sozialamt: „Es ist ein gewaltiger Eingriff in die Privatsphäre, man legt sein ganzes Leben auf den Tisch und fühlt sich wertlos.“

Ich las diese Worte und wusste, ja, genau so ist es. Wenn ich erklären muss, woher wie viel Geld kommt – und auch noch wofür ich es ausgebe – da habe ich das Gefühl, dass ich nackt dastehe. Es ist kein angenehmes Gefühl, auch wenn ich sage, dass es mir nichts ausmacht. Es macht doch was aus. Und es macht auch was mit mir. Ich fühle mich irgendwie etwas weniger wert. „Jeder scheint für sich sorgen zu können, nur ich kann es nicht“ geht mir dann durch den Kopf. Wertlos.

Ich vergleiche zu schnell und zu oft. Und ich vergesse zu schnell und zu oft, dass wir bisher immer mit allem versorgt wurden, was wir brauchen und das auf mehr als nur auf der materiellen Ebene.

Wir essen dreimal täglich, haben fliessendes Wasser, ein warmes Haus, Kleider und Schuhe zum anziehen – sogar ein Auto!!! Ich liebe meinen Beruf und (meistens) mein Muttersein und darf mich wirklich nicht beklagen – und vor allem ist mein Leben ist reich an Erfahrungen, an Freundschaften, an Liebe (okay, ich hätte nichts gegen einen Partner… :-)). Und dann denke ich: Wertvoll.

Selbstzweifel

Gestern habe ich versucht die Unterlagen für die Vergünstigung für die Musikschule zusammenzustellen. Mann, war das ein Fiasko! Eigentlich war es nicht so schwierig, aber manchmal gelingt es mir aus „einfach“ „schwierig“ zu machen. Ich brauchte „nur“ eine Kopie der Steuererklärung 2013. ABER, ich suchte zuerst die Steuererklärung 2012, die ich nicht fand, d.h. ich dachte mir fehlte die erste Seite, also druckte ich die aus, die im Computer gespeichert war, was ewig dauerte, weil ich nicht so genau weiss, wie das geht; dann, als ich dachte, dass alles komplett war, fand ich plötzlich die restlichen Seiten nicht mehr (was beim Chaos in meinem Büro-/Schlafzimmer nicht verwunderlich ist) und gab nach einer Stunde einfach frustriert auf.

Heute morgen nahm ich einen neuen Anlauf. Das Sichtmäppchen mit 2012 lag auf meinem Pult, recht gut sichtbar (nur gestern Abend war es kurz unsichtbar), und zum Glück las ich die Anleitung noch mal, wo ich dann merkte, dass ich gar nicht 2012, sondern 2013 brauchte… na sagt’s doch gleich!

Ich habe alles kopiert, in ein Kuvert gestopft und bringe es nachher zum Briefkasten. Manno. Was für ein Theater nur wegen ein paar Steuerunterlagen. Ehrlich.

Nachtrag: Zwei Wochen später schickte mir die Musikschule alles zurück. Ich hatte das falsche Formular ausgefüllt und die Steuererklärung 2012 geschickt… Ist mir noch zu helfen? Drei Kinder gross zu ziehen, (ver)braucht mehr Hirnzellen als ich bisher angenommen hatte.

Ganz normale Helden

Acht Tage. Acht ganze Tage. Von Sonntagmorgen bis zum nächsten Sonntagabend musste ich nur an mich denken, nur für mich packen, nur für mich Entscheidungen treffen, nur für mich sorgen. Ich war ohne Kinder mit zwei Freundinnen unterwegs, zuerst im Jura und dann in Basel. Es war herrlich. Aber auch anstrengend. Vor allem die ersten vier Tage an denen wir jeweils zwischen vier und sechs Stunden gewandert sind. Aber es war gut. Es tat gut am Abend so müde zu sein, dass wir schon um 20 h im Bett waren und kurz darauf einschliefen. Es tat gut einfach zu sein, zu quatschen, zu denken, zu träumen, zu lachen. Ohne an jemand anders zu denken, als nur an mich und meine Weggefährtinnen. Es war eine Leichtigkeit, die ich im Hier und Jetzt mit meinen Kindern wieder vermisse. Ich bin wieder für alle und alles verantwortlich. Ach was, dachte ich früher, die Kinder sind jetzt älter und selbstständiger. Ja, schon, aber ich bin ihre Mutter und alles prallt an mir ab, vieles hängt noch von mir ab und ich frage mich, ob ich sie gut genug erzogen habe; keiner will mir mit der Wäsche helfen (Berge nach den Ferien, obwohl Sven in der Lagerwoche nur ein Bruchteil von dem angezogen hat, was wir eingepackt hatten – aber immerhin hat er am vorletzten Tag seine Zahnbürste ‚gefunden‘ und wohl auch gebraucht!), mit Müh und Not kann ich sie dazu bewegen mir beim Tischdecken und Kochen zu helfen. Aufräumen – ein Fremdwort für meine Kinder. Und ich habe es satt allen hinterher zu laufen und an alles zu denken. Nur schon der Gedanke daran macht mich müde.

Ich dachte, ich wäre nach meinen Ferien wieder so richtig fit und ausgeruht und gestärkt. Aber die erste Woche mit den Kindern ist noch nicht vorbei und ich bin schon wieder müde, hatte wieder oft starke Kopfschmerzen, wollte nach dem Schlafen (in der Nacht und nach der Mittagspause!) nicht wirklich aufstehen und musste mir unter der Decke meinen ganzen Mut zusammenkratzen, um dann mit Gottes Hilfe aufzustehen und den Rest vom Tag in Angriff zu nehmen – der, zugegeben, im Moment nicht wirklich schwierig ist, aber mich doch von der ganzen Verantwortung her einfach schlaucht.

Ich dachte, ich würde mit neuen Blogideen und voller Tatendrang zurückkommen, aber mein erstes Gefühl als ich wieder Zuhause war, war ein Gefühl der Leere und Einsamkeit. Diese Einsamkeit schleicht sich immer wieder ganz unbemerkt rein und tut dann so unschuldig. Die Kinder verscheuchten die Einsamkeit ziemlich schnell, aber die Leere hing noch länger hier rum. Und das Gefühl, dass mir alles zu viel wird, lähmt mich und ich schaffe noch weniger als sonst.

Nun gut, ich habe noch ein paar wenigen Wochen vor mir, um das alles einigermassen in den Griff zu bekommen und um mich wieder füllen zu lassen. Und schon heute hat mir ein Freund ein Lied zugeschickt, dass mich tief berührt und mir auch wieder Mut gemacht hat. Hier ist, ganz besonders für meine alleinerziehende Mitstreiter, Casting Crowns mit Heroes: http://www.youtube.com/watch?v=Bo6MzvgdDEY

„Heroes“

She’s on her own, two girls at home

Thirteen years just up and walked away

And left her all alone

With bills to pay and mouths to feed

And every day she’s taking care of everybody else’s needs

But she’s finding her strength in the One love that won’t ever leave her

So she works and she prays and she loves and she stays cause they need her

These are the heroes, just ordinary people

Laying down their lives like angels in disguise

They’re weak but always willing

They dare to do the hard things

And in the dark and desperate places no one else goes

You’ll find the heroes

You’ll find the heroes

He walks the halls, against the flow

He sees his high school as his mission field

He’s broken cause he knows

The hopeless road that they are taking

The empty feelings they are chasing only lead to futures wasted

So he’s willing to stand alone

He lives what he believes when they all say it’s not worth believing

Every night on his knees, he prays God, won’t You please help me reach them?

You may never know their names

But they’re moving mountains just the same

Instead of searching for the spotlight

They’ll follow Jesus into the darkest night

Heroes, these are the heroes

In the board room with a Bible

In the classroom praying for revival

In third world countries, in downtown missions

Heroes. Helden. Wer sind die Helden von heute? Sind das vielleicht auch die Alleinerziehenden, die so vieles alleine tragen und jeden Tag wieder neu aufstehen und den Alltag in Angriff nehmen, obwohl die Last schon lange zu schwer ist? Sind das nicht auch die treuen Leiter der Royal Rangers (christliche Pfadfinder), die selber mit dem Leben und Glauben kämpfen, aber immer für meine Kinder da sind, ihnen ein abwechslungsreiches Programm bieten und das Leben mit ihnen teilen? Und die Frauen und Männer, die Tag für Tag ihren betagten und bedürftigen Ehepartner pflegen? Auf euch!