Du bist nicht allein (Gott wird Mensch)

„Du bist nicht allein.“

Das höre ich gern und muss es auch hören, aber was genau bedeutet es, wenn ich doch den grössten Teil meiner Tage, eben, allein verbringe, die meisten Entscheidungen doch alleine treffe, meinen Schmerz, meine Fragen, meine Unsicherheit, usw. alleine tragen muss.

Ja aber, werden die einen sagen, Gott…er ist doch da. Ja aber, werde ich darauf antworten, ich sehe ihn nicht, ich spür ihn nicht, und manchmal wenn alles schief geht, merke ich nicht einmal ansatzweise, dass er da ist. Und ich frage mich, muss das reichen? Muss es mir genügen, zu wissen und nicht zu spüren, dass Gott bei mir ist? Ist das die Antwort auf meine Einsamkeit, auf meine Fragen, auf meinen Schmerz, auf meine Last?

Ich weiss nicht, wie es dir damit geht, aber für mich muss Glaube und Vertrauen etwas mehr erlebbar sein, als nur im Kopf zu wissen, dass da ein Gott an meiner Seite ist. Wenn da schon ein Gott an meiner Seite ist, muss es doch irgendwas Greifbares geben. So stelle ich mir das wenigstens vor.

Ich will „du bist nicht allein“ erleben, nicht nur wissen.

Es gibt diese Momente in denen ich „du bist nicht allein“ ganz praktisch erlebe. Das geschieht im Austausch mit anderen Menschen, die sich Zeit nehmen mir zuzuhören, die meine Anliegen, meine Freude, aus meinem Erzählen heraushören, ernst nehmen und darauf reagieren, sei es mit ihrem Mitgehen, mit Antworten, praktischer Hilfe, einer Nachricht auf Facebook oder per Whats App (weil wir ja heute diese Möglichkeiten haben). Ich erlebe Gottes Nähe und Dasein in deiner Hand auf meiner Schulter, in deiner Umarmung, in deinem Lächeln, in deinem Nachfragen und in deinen freundlichen Worten.

Das wiederum ermutigt mich selber die Hand zu reichen, die Umarmung, das Lächeln, die ermutigende Worte und immer wieder Zeit zu schenken. Diese Geschenke sind grösser als die Verpackung. Wir schenken Würde – und wie will man das sonst verpacken? Schon immer waren wir es Gott wert, dass er sich in Fleisch und Blut einpackte, in ein greifbares Menschlein. Wir sind es heute immer noch wert!

So wird Gott immer wieder Mensch. Und ich bin nicht allein.

Die Krippe

(Wir schreiben das Jahr 2009. Meine Kinder sind 10, 8 und 5.)

Die Kinder haben die Krippe aufgestellt.

Alle Figuren stehen im Kreis um das Jesuskind im Futtertrog.

Maria, Josef, die Könige, die Hirten, ja, sogar die Schafe stehen in diesem Kreis – alle sind ausnahmslos auf Jesus ausgerichtet.

Ich habe mir überlegt die Figuren neu aufzustellen: Maria und Josef ganz nah bei Jesus, die Könige etwas weiter weg, die Hirten von der anderen Seite herkommend, ein paar Schafe hier und da verstreut…

Doch ich entscheide mich die Figuren genau so zu lassen, wie die Kinder sie hingestellt haben. Es wird mich daran erinnern, dass ich so leben will, dass ich ganz auf Jesus ausgerichtet sein möchte, nicht abgelenkt, nicht äusserlich schön für’s Auge, nicht „so wie man es macht“, nicht nach anderen Massstäben als allein seine unendliche Liebe und Gnade, die uns in diesem kleinen Baby so nahe gekommen ist.

Gott wird (immer wieder) Mensch

Wenn wir auch nur ein Bisschen christlich angehaucht sind, wissen wir, dass Weihnachten mit der Menschwerdung Gottes zu tun hat, nämlich als Jesus auf die Erde kam und eine Weile hier lebte. Das ist aber schon sehr lange her und wir können uns fragen, was das alles heute mit uns zu tun hat. Nun, manchmal erleben wir es tatsächlich, dass  Gott uns auch im Hier und Jetzt als Mensch begegnet. Er ist ja allmächtig und kann demzufolge alles, was für uns besonders dann wichtig wird, wenn wir gerade in Not sind. (Das Volk Israel war damals auch sehr in Not, als Gott beim ersten Weihnachten Mensch wurde.) Der Himmel ist für uns sehr weit weg und wir stecken hier auf der Erde fest. Da muss sich Gott schon mal öfter hinunter bücken – und das tut er auch.

Es war vor ein paar Jahren während einem Seminar für unsere Band. Wir sangen zum Anfang einige Lieder und ich fiel in mich zusammen. Schon während der ganzen Hinfahrt konnte ich die Tränen nicht zurückhalten und jetzt ging es weiter. Ich wollte nicht reden. Ich wollte eine Hand, einen Arm um meine Schultern spüren. Ich wollte physisch spüren, dass ich nicht allein war.

Ganz hinten im Raum, an die Wand gelehnt, sass eine Kollegin aus dem Team. Ich kramte meinen ganzen Mut zusammen, setzte mich neben sie und bat sie ihren Arm um mich zu legen. Das tat sie gerne und hielt mich so lange bis der Trost in meine Seele drang und ihr der Arm fast abfiel: Das ist Reich Gottes. Das ist Gottes Trost in menschlicher Form. Das ist Gott mit uns.

Frohe Weihnachten!